DAS BETONSCHIFF 1933....2022

                                          LESERINFORMATION

Eine Chronologie der Ereignisse konnte nicht immer eingehalten werden. Wichtige Themen finden wir zeitübergreifend vor. Die Geschichten beruhen auf Wahrheit und sind nach bestem Wissen und Möglichkeiten recherchiert. Nebenstränge mit Bezug zu Legenden, Romanhaftigkeit oder Mythologie sowie die Verwendung von Metaphern können mit Fantasie identifizierbar sein. Wo Nachweise von Glaubhaftigkeit fehlen, greift der Konjunktiv oder einschränkende Wortwahl. Zitate, die auf Telefonaten, emails oder Gesprächen basieren, wurden teilweise komprimiert, gekürzt, aber sinngemäß wiedergegeben. Ein Anspruch auf wörtliche Übereinstimmung kann daraus nicht abgeleitet werden. Das Buch ist für Menschen geschrieben, die ihren Gedanken Freiraum gewähren, an Zeitgeschichte interessiert sind und keine pure wissenschaftliche Abhandlung erwarten. Mein Anspruch als Autor, Architekt und Amateurforscher sollte erkennbar sein, eine transparente Publikation mit viel Authentizität innerhalb der Genre zu liefern. Es werden sich Irrtümer und Fehleinschätzungen eingeschlichen haben. Gerne nehme ich jeden Hinweis mit Dank an. Eine Retrospektive auf schwankendem Boden einer verblassenden Zeit. Ich habe mich für eine selfpublishing Plattform entschieden. Die Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten gab den Ausschlag. Buchlayout, Quellenauswahl, Schreibstil und Interpretation charakterisieren meine autodidaktische Lebensauffassung und bieten ein Werk mit Hingabe. Dass sich Kritik entzündet, betrachte ich als Bereicherung und Beitrag zur geschichtlichen Aufarbeitung.

DAS BAURELIKT AN DER KRIEBSTEINTALSPERRE

Elektrisiert von einer namenlosen Postkarte mit eigenartigen puristischen Gebilden, erfasste mich als Architekt der Forschergeist Dunkle Materie an die Oberfläche zu spülen. Ich war infiziert und folgte dem Motto:

 

    History is not the past, it is the present.
         We carry our history with us.
                 We are our history.

 

 

Hätte ich geahnt, welche Hydra von Ereignissen, politischer Fanatismus und menschliche Schicksale mich erwarten, wäre der anfängliche Enthusiasmus im Schlamm der Vergangenheit stecken geblieben. Mit Eduard Altenburg als Ideengeber und Verursacher der Betonreste, wie sich herausstellte, begann eine Zeitreise, die zunächst nach Mittelsachsen und Nordhessen führte. Die Heimat der Nationalsozialisten Manfred v. Killinger und Eduard Altenburg, die dem Talgut Lauenhain bei Mittweida und dem nahe gelegenen Chemnitz ihre Stempel aufdrückten.

 

Mit der biografischen Sichtung beider Protagonisten kristallisierten Charaktermerkmale sowie Verhaltensmuster, die die Publikation markieren. Mit dem Eintauchen in ihre Gedankenwelten zeichnete sich eine Verlagerung der Ziel-richtung ab. Vom ersten Interesse an den kuriosen Beton- resten, über die Vergangenheit des Eduard Altenburg, formte der Konflikt Killinger/Altenburg/Sozialdemokrat Kuhnt das Leitthema. In Verbindung mit den SA-Ereignissen 1933 in Chemnitz wurde der Täter Eduard Altenburg im moralischen Sinn identifiziert. Sein nationalsozialistisches Gedankengut bleibt mit seinem Lebenswerk Betonschiff symbiotisch verbunden. Eine Feststellung, die dem denkmalgeschützten „unbequemen Kulturgut“ eine Brisanz verleiht, deren erinnerungskulturellem Nachdenken Auftrieb verliehen werden soll. Mit der Informationsgewinnung aus „Nebenschauplätzen“ lässt sich die bruchstückhafte Fokussierung auf den Revolutionär Bernhard Kuhnt verstehen. Die Verschränkung der Forschungsansätze „Puristische Architektur mit Biografie Eduard Altenburg“ glichen der Quadratur eines Kreises. Über ein matrixaffines Vorgehen der impulsgebenden Personen, Killinger, Altenburg, Kuhnt, und mit Abstrichen der Maler Dix sowie Buchheim, wurden Schnittstellen in Beziehung gesetzt. Das war an der Platzierung von Mosaik-Bausteinen orientiert, weniger an der Verzahnung von Puzzle-Teilen, wobei dem Leser in der Prioritätensetzung Spielraum geboten wird. Die Geschichte des Betonschiffes SA endet 1945. Das Talgut Lauenhain bei Mittweida findet danach mit dem in Niobe umbenannten Betonschiff, unter dem Aspekt politischer Zweckbestimmung in der DDR, Eingang in die Publikation.

                                                           DER KLABAUTERMANN

      
    Schnitz mir lieber ein neues Segelschiff, das alte ist entzwei.

                Ich will morgen nach dem Teich gehen.

                     Das Deutschland der Zukunft.


Die Schlussworte1 im autobiografischen Werk des national-sozialistischen Politikers und Schriftstellers Manfred v. Killinger Der Klabautermann lassen sich sinnbildlich auf die seit 1932 entstandene Architektur eines Bauwerks in skulp- turaler Schiffsform, das vom Traum Deutscher Seegeltung getragen wird, zuordnen. Baulich und ideell bezugnehmend auf das untergegangene Segelschulschiff Niobe könnte das Schlusswort des Autors als Fingerzeig zum Schicksal der kaiserlichen Flotte zu verstehen sein. Bis zur Schmach der Selbstversenkung diente Killinger zusammen mit dem sächsischen Sozialdemokraten Bernhard Kuhnt in der Reichsmarine. Kuhnt führte einen erbitterten Kampf gegen nationales Gedankengut. Von Anfang an stand er im Fokus der beiden Nationalsozialisten Altenburg und Killinger, deren Rachefeldzug auf öffentlicher Bühne 1933 endete. Die Bauzeit dieser Schiffsimitation wird vom Niedergang eines leidlich humanistischen Weltbildes in der Endphase der Weimarer Republik bis zum Untergang des 3. Reiches flankiert. Vom Kaufmann Eduard Altenburg geschaffen, mündete dessen Idee vom stilisierten Nachbau der 1932 gesunkenen SSS Niobe als Schulungslager für HJ-Jungen in ein Denkmal der SA. Eine ähnliche Denkweise machte sein Weggefährte Manfred v. Killinger 1934 publik: „Ihr ersten Wanderer der Jahrhundertwende, ihr Studenten und Arbeiter […], ihr Kameraden der Freikorps […], die ihr nun endlich in des Führers SA und Hitler-Jugend geeint seid.“

 

Mit dem Tod des Marinestandartenführers und Reichstagsabgeordneten Eduard Altenburg 1943 und dem baldigen Ende des 2. Weltkrieges endete die beklemmendste Zeitphase des Betonschiffes im Talgut Lauenhain. Ihr folgte eine schleichende Verwahrlosung mit weitgehender Tabuisierung ihrer Ursprünge im autokratischen Gefüge der DDR. Nach der Wiedervereinigung beider deutschen Staaten 1989 blieben die Bauwerksreste unter einem Nazi-kontaminierten Tuch der Öffentlichkeit verschleiert. Gegen anfänglichen Widerstand engagierten sich Bürger in lokalen Marineklubs, um dem baulichen Niedergang Einhalt zu gebieten. Vor der einstigen Kulisse politischer Inszenierungen dominiert heute maritime Zweckbestimmung im Umfeld des eingetragenen Kulturgutes. Die 1938 gebaute Boots/Ausstellungshalle, die ehemalige SA-Gaststätte und der Sportplatz stehen der Unterhaltung, Jugendfreizeit und dem Camping zur Verfügung stehen.

DER U-BOOT OFFIZIER HARRO ALTENBURG

Der 99-jährige Zeitzeuge Harro Altenburg im Gespräch mit dem Architekten und Autor Reinhard Saalfeld.
Der 99-jährige Zeitzeuge Harro Altenburg im Gespräch mit dem Architekten und Autor Reinhard Saalfeld.

Als forschungsrelevante Fügung muss das Aufspüren und die Bereitschaft des Zeitzeugen Harro Altenburg bezeichnet werden, mit 98 Jahren akribisch wertvolle Informationen aus seiner Vergangenheit abzurufen. In einem Flyer des NS-Dokumentationszentrum München heißt es dazu: „Bald wird es keine lebenden Zeitzeugen der NS-Verbrechen mehr geben. Es bleiben Erinnerungen in Büchern, in historischen Film- Dokumentationen, in Ausstellungen und Bildungsprojekten. Die Zeugnisse treten an die Stelle der Zeugen.“ Es sollte das erste Interview des Autors werden. Ein Experiment mit unbekanntem Ausgang. Ein Novum im persönlichen Berufsbild eines praxisorientierten Architekten. 18 Stunden hautnah mit einem ehemaligen U-Boot Offizier, der mir von seinem Vater erzählen will. Die Hauptperson beim Bau des Betonschiffes 1933 an der Kriebsteintalsperre in Sachsen. Es hat sich in den Telefonaten der vergangenen Monate angekündigt, dass die Gedanken periodisch zu den dunklen Erlebnissen auf den U-Booten der Kriegsmarine wandern. Welche Sensibilität ist angebracht auf engem Raum mit einem körperlich lädierten, aber geistig intakten Menschen, einer der Letzten einer traumabehafteten Zeit. Welche Tiefe darf man ausloten, ohne zu verletzen. Wo grenzt Privatsphäre an öffentliches Interesse. Insgesamt ein Abwägen zwischen semijournalistischer, kritischer Distanz und marineaffiner Solidarität. Die Stimmung des Augenblicks könnte den Ausschlag geben. Es wird auf die „Chemie“ ankommen, die beide Angehörige der Marine aus so gegensätzlichen Dekaden mit der Nachforschung zum heutigen Schiffswrack aus Beton verbinden könnte.

 

                      Die nach dem Treffen am 23.09.2021 verfasste Widmung weist den Weg.

 Meinem lieben Freund Reinhard Saalfeld als Dank für seine Mühen um das Vermächtnis meines Vaters

        „Niobe“ Lauenhain. Möge unser gemeinsamer Wunsch gelingen. Harro Altenburg. Reutlingen.

 

Der Sohn des Organisators des Marinesturms in Chemnitz gab in seinen Gesprächen, mit Fotomaterial und Dokumenten partiell hinterlegt, Einblick in das private und berufliche Leben seines Vaters Eduard Altenburg. Er beleuchtete seine eigene frühe Jugend in Chemnitz, seine Ausbildung in der Nationalsozialistischen Deutschen Oberschule Starnbergsee und seinen Dienst bei der Kriegsmarine. Die so erkennbaren biografischen Fragmente von Papa Ede lassen eine patriotisch gesinnte Person aus dem Nebel erwachsen, dem sowohl das grundsätzliche Nationale als auch Spuren von menschlich Sozialem zu eigen scheinen. Die Gefahr einer subjektiven Verwässerung lange zurückliegender Ereignisse oder einer bewussten Aufhübschung war nicht zu leugnen. Der hilfs- bereite Mensch Harro Altenburg überraschte durch Initiative und ließ sich während der anderthalb Tage nicht von seinem Arbeitsstil und Programm, das er extra auf den Fragesteller zugeschnitten hatte, ablenken. Ein biblisch alter Mann mit einer Energie und einem Mitteilungsvermögen, das nicht zu erwarten war. Die Herzlichkeit, mit der ich als unbekannter Gast in seiner Familie aufgenommen und verköstigt wurde, verdient es mit großem Dank festgehalten zu werden. Ob das Familienerbe als Belastung empfunden wird, wurde nicht gefragt. Dazu hätte es mehr Vertrautheit bedurft, die erst am Entstehen war. Leider konnten die Gespräche nicht fortgesetzt werden. Während der Bearbeitung des Manuskripts und kurz vor der Eintragung des Betonschiffes als sächsisches Kulturdenkmal ging Harro Altenburg von dieser Welt. Er war die treibende Kraft, um mir einzigartige Einblicke in das eigene Leben und in das seines Vaters zu gewähren.

AUTOR

Dipl. Ing, Architekt

Reinhard Saalfeld

LAGE

Mittweida

Talgut Lauenhain

FACEBOOK

Das Betonschiff in Lauenhain

INTERNET

www.betonschiff-niobe.

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betonschiff.forschung@

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